Politikwetten vor Parlamentswahl: Ermittlungen der UKGC gegen konservative Funktionäre und Parteimitarbeiter.
Die britische Glücksspielkommission hat im Zusammenhang mit mutmaßlich unrechtmäßigen Wetten auf das Datum der Parlamentswahl 2024 formell 15 Personen wegen Betrugs angeklagt. Die Ermittlungen legen nahe, dass einige Personen mit Zugang zu vertraulichen Informationen diese dazu genutzt haben könnten, Wetten auf den Zeitpunkt der Wahl zu platzieren – noch bevor dieser offiziell durch Premierminister Rishi Sunak bekannt gegeben wurde.
Kern der Vorwürfe: Wissen vor öffentlicher Bekanntgabe genutzt
Die Behörde stützt sich auf Abschnitt 42 des Gambling Act von 2005, wonach der Einsatz vertraulicher Informationen bei Glücksspiel eine strafbare Handlung darstellt. Die Kommission erklärte, man verfolge den Auftrag, die Branche im öffentlichen Interesse zu regulieren und werde entschieden gegen Missbrauch vorgehen.
Laut Kommission besteht der Verdacht, dass einige Beschuldigte bereits vor der Ankündigung am 22. Mai 2024 wussten, dass die Wahl am 4. Juli stattfinden würde, und dieses Wissen zu Wettzwecken nutzten.
Der prominenteste Fall ist der des konservativen Politikers Craig Williams, früherer Abgeordneter für Montgomeryshire und enger Mitarbeiter des Premierministers. Er hatte am 19. Mai 2024 eine Wette über 100 Pfund auf den Juli-Termin platziert. Später erklärte Williams, er habe „einen schweren Fehler“ gemacht.
Einflussreiche Parteifunktionäre unter Beschuldigten
Mehrere der Angeklagten waren hochrangige Mitglieder oder Mitarbeitende der Conservative Party, darunter:
- Tony Lee (Anthony Lee), früherer Wahlkampfleiter
- Laura Saunders, seine Ehefrau und ehemalige Kandidatin in Bristol North West
- Nick Mason, bis vor Kurzem Chief Data Officer der Partei
- Simon Chatfield, Marketingchef der Partei
- Russell George, Mitglied des walisischen Parlaments (Senedd), der nun suspendiert wurde
Auch der ehemalige Polizeibeamte Jeremy Hunt – nicht zu verwechseln mit dem früheren Schatzkanzler gleichen Namens – wird beschuldigt, ebenso wie weitere Parteinahe:
- Amy und Anthony Hind aus Essex
- Charlotte Lang, Thomas James, Paul Place, James Ward, Iain Makepeace und Jacob Willmer
Die gerichtliche Anhörung aller Beschuldigten wurde auf Freitag, den 13. Juni 2025, 10 Uhr, vor dem Westminster Magistrates’ Court angesetzt.
Konservative Partei setzt Angeklagte sofort frei
Die Parteiführung der Konservativen gab nach Bekanntwerden der Anklagen bekannt, dass sämtliche derzeit noch aktive Mitarbeiter, die betroffen sind, mit sofortiger Wirkung suspendiert wurden. So hieß es in einer offiziellen Mitteilung:
„Diese Vorfälle ereigneten sich im Mai vergangenen Jahres. Unsere Partei steht nun unter neuer Führung.“
Man wolle umfassend mit der Kommission zusammenarbeiten und ein transparentes Verfahren gewährleisten. Die Affäre hatte bereits im Sommer 2024 für Schlagzeilen gesorgt und den Wahlkampf der Tories massiv belastet. Der Eindruck, dass parteinahe Personen möglicherweise vom Wissensvorsprung profitiert haben, stellte das öffentliche Vertrauen in Frage.
Opposition fordert politische Konsequenzen
Ellie Reeves, stellvertretende Parteichefin der Labour Party, forderte klare Maßnahmen gegen alle, die sich der unrechtmäßigen Nutzung von Insiderinformationen schuldig gemacht haben. Reeves erklärte:
„Kemi Badenoch muss unmissverständlich klarstellen, dass Personen, die das System auf diese Weise ausnutzen, in der konservativen Partei nichts zu suchen haben.“
Labour nutzte die Gelegenheit, sich erneut als Gegenmodell zu präsentieren:
„Nach 14 Jahren konservativem Chaos und Skandalen ist es an der Zeit für einen politischen Wandel.“
Polizeiliche Ermittlungen blieben ohne Anklage – Kommission ermittelt weiter
Im Juni 2024 hatte die Glücksspielkommission ihre Untersuchung begonnen. Parallel dazu prüfte die Metropolitan Police, ob sich Beamte oder Politiker in öffentlichen Ämtern strafbar gemacht hatten. Diese Ermittlungen wurden im August 2024 ohne Anklagen abgeschlossen – die Kommission setzte ihre Verfahren jedoch fort.
Ein Sprecher der Glücksspielkommission machte deutlich, dass die Aufarbeitung solcher Fälle zentral für die Integrität der Branche sei.
„Die Kommission ist der Einhaltung der Gesetze verpflichtet und wird weiterhin entschlossen gegen illegale Wettpraktiken vorgehen.“
Zwischen Vertrauen, Verantwortung und Transparenz
Der nun offiziell eingeleitete Gerichtsprozess könnte zum Präzedenzfall für politisches Fehlverhalten im Zusammenhang mit Glücksspiel werden. Besonders brisant ist die Tatsache, dass mehrere Beschuldigte in unmittelbarer Nähe zu Parteistrategien und politischen Entscheidungsprozessen standen.
Die weiteren Entwicklungen in diesem aufsehenerregenden Fall werden nicht nur von der Justiz, sondern auch von der Öffentlichkeit mit großer Aufmerksamkeit verfolgt.
Quellen: UK Gambling Commission, The Independent
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